Purdue Reference Model: komplexe Automationsnetze klar strukturiert - Sichere Industrie (2024)

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Den Überblick über komplexe Automationsnetze zu erlangen und zu behalten, das ist keine einfache Aufgabe. Dabei hilft es, sich Modellen zu bedienen, die durch Abstraktion das notwendige Maß an Klarheit und Struktur erzeugen. Eines dieser Modelle ist das Purdue Reference Model. Damit kann man Unternehmensnetze in unterschiedliche Stufen gliedern und die enthaltenen Systeme diesen Stufen zuordnen. Wie das funktioniert und welche Vorteile sich daraus ergeben, untersuchen wir in den folgenden Absätzen.

Hintergrund des Purdue Reference Models

Das Purdue Reference Model wurde in den frühen 1990er Jahren von Theodore J. Williams an der US-amerikanischen Purdue Universität in Indiana, USA entwickelt. Es wurde ursprünglich für nicht-industrielle Unternehmensnetze entworfen, danach aber auch auf die Anwendung für Automationsnetze angepasst.

In diesem Modell werden Automationsnetze in fünf verschiedene Stufen unterteilt. Aus Konsistenzgründen halten wir uns im Folgenden an den englischen Begriff „Level“. Die Betrachtung beginnt dabei ganz oben im Büronetzwerk und endet auf dem niedrigsten Level bei den direkt am industriellen Prozess beteiligten Komponenten, wie beispielsweise Ventile oder Motoren.

Das Purdue Reference Model gliedert ein Industrie-Netzwerk abstrakt in verschiedene Level. So kann es auch als Ausgangslage für Maßnahmen dienen, die nach dem Defense-in-Depth-Prinzip aufgebaut werden. Auch das Prinzip, ein solches Netz in Zonen und Zonenübergänge zu unterteilen, findet sich im Purdue Reference Model wieder, wobei hier zwischen „Zone“ und „Level“ unterschieden werden muss. Ein „Level“ stellt die hierarchische Einordnung in das gesamte Unternehmensnetz dar, wohingegen sich eine Zone um die spezifische Segmentierung nach den Sicherheitsanforderungen kümmert. Eine Zone kann sich unter Umständen auch über mehrere Level erstrecken.

Aufschlüsselung der einzelnen Levels

Was sind die einzelnen Level und welche Komponenten enthalten diese Level typischerweise? Das schematische Diagramm und die folgende Auflistung erzeugen Klarheit.

Purdue Reference Model: komplexe Automationsnetze klar strukturiert - Sichere Industrie (1)

Level 5: Unternehmen (Enterprise)
Hier läuft der unterstützende (Geschäfts-) Betrieb eines Unternehmens ab. Dazu gehören beispielsweise Systeme, die in der Buchhaltung, im Vertrieb oder in der Personalabteilung genutzt werden. Zwischen Level 4 und Level 3 befindet sich die Schnittstelle zum Anlagennetz. Aus Sicht des Anlagennetzes gilt das Enterprise-Netz als hochgradig unsicher.

Typische Systeme sind: ERP-Systeme, Internetzugang, Fernwartungszugänge, Büroarbeitsplätze

Level 4: DMZ (Demilitarisierte Zone)
Die DMZ ist ein „Zwischennetz“, in das Verbindungen idealerweise aus Segmenten mit höherem Schutzbedarf hinein aufgebaut werden. Eine DMZ wird klassischerweise zwischen Office-Netz und Internet platziert, in die Systeme wie zum Beispiel Webserver, die aus dem Internet erreichbar sein müssen, gestellt werden. In unserem Kontext wird die demilitarisierte Zone zwischen Office- und Anlagenbereich betrieben, um darin beispielsweise geteilte Ressourcen zu platzieren.

Typische Systeme sind: Antivirus-Systeme, Fernwartungssysteme, Dateiaustausch-Server, Patchsysteme

Level 3: Betriebsleitung (Operations Management)
Auf Level 3 sind Systeme angesiedelt, die in erster Linie die Funktion der Betriebsführung innehaben. Hierzu gehört zum einen das Bereitstellen jeglicher Systeme, Dienste und Anwendungen, die für das Industrienetz notwendig sind, zum anderen werden hier die einzelnen Automationsschritte geplant.

Typische Systeme sind: Anlagen-IT (DNS, DHCP, Active Directory…), Engineering-Stationen, Manufacturing Execution System

Level 2: Prozessleitung (Supervisory Control)
Innerhalb von Level 2 befinden sich Systeme, die für die Überwachung und Steuerung der spezifischen Prozessführung verantwortlich sind. Die Datenverarbeitung erfolgt hier noch nicht in Echtzeit, eine Störung der ansässigen Systeme hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Verfügbarkeit der Automationslösung.

Typische Systeme sind: HMI, Alarm- / Benachrichtigungssysteme, Prozessdatenspeicher

Level 1: Prozesssteuerung (Basic Control)
In diesem Level befinden sich die Systeme, die unmittelbaren Einfluss auf die Ausführung und Steuerung des physischen Prozesses haben. Zu ihren Aufgaben gehört die Überwachung von Sensoren und die Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Funktion der Anlage. Sie arbeiten in Echtzeit, eine Störung auf diesem Level führt zu einer direkten Beeinträchtigung des automatisierten Prozesses.

Typische Systeme sind: SPS / PLC, SCADA, DCS, RTUs

Level 0: Feld / Shopfloor (Process Control)
Im niedrigsten Level läuft der eigentliche physikalische Geschäftsprozess ab. Die Befehle der auf Level 1 befindlichen Systeme werden hier in Echtzeit umgesetzt. Dieses Level wird auch als „Device“- oder Feldebene bezeichnet.

Typische Systeme sind: Motoren, Ventile, Pumpen, Remote I/O

Die oben aufgelisteten Level folgen dabei einem zentralen Schema: Je niedriger der Level, desto höher sind die Ansprüche an die Verfügbarkeit und Echtzeitfähigkeit der Systeme. Systeme und Netzbereiche aus einem niedrigeren Level dürfen standardmäßig den höheren Leveln nicht vertrauen.

Fazit

Durch die Anwendung des Purdue Reference Model lässt sich ein kompliziertes Unternehmensnetzwerk in ein greifbares Abbild abstrahieren. Dadurch wird die Planung und die Umsetzung von Schutzmaßnahmen vereinfacht, da eine klare Abgrenzung zwischen den einzelnen Bestandteilen existiert. Auch wird die Kommunikation und die Verteilung von Verantwortlichkeiten im Unternehmen gefördert.

Auf technischer Seite gehen damit ebenfalls positive Aspekte einher: An den Grenzen der Level lassen sich Maßnahmen implementieren, um die Kommunikation zwischen den einzelnen Zonen zu überwachen und zu kontrollieren. So können sie die IT-Sicherheit Ihrer Anlagen auf technischem Wege verbessern.

Durch die Betrachtung des Unternehmensnetzes nach dem Purdue Reference Model kann also ein solider Grundstein für die weitere Diskussion, Planung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen gelegt werden. Auch die IEC 62443 verwendet dieses Modell, um Anlagennetze zu vereinfachen. Wenn Sie nach Informationen suchen, welche anderen Schutzmaßnahmen es gibt, setzen Sie Ihre Recherche mit unseren Artikeln zum Defense-in-Depth-Prinzip und den fort.

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FAQs

What is the Purdue model concept? ›

The Purdue Enterprise Reference Architecture is based upon the commonly used architectural reference model authored in the 1990s for control systems. The Purdue model provides a framework for segmenting industrial control system networks from corporate enterprise networks and the internet.

What is the Purdue model of DMZ? ›

Level 3.5 - The Purdue Model includes a Demilitarized Zone (DMZ) as a sub-layer between OT (up to L3) and IT (L4 and over), typically created with help of Firewall(s). Devices commonly found within the DMZ include Patch management server, intrusion detection/prevention systems (IDS/IPS), jump servers, historians, etc.

Is the Purdue model still relevant? ›

The Purdue model is considered outdated, but one can only say that partially. The most critical concept of networking, called segmentation, is still valid and will last.

What is the difference between the OSI model and the Purdue model? ›

Gerry Kennedy posted a blog on the OSI Stack and Purdue Reference Model for the insurance industry. The OSI model is applicable to any routable network, whether IT or OT (Operational Technology). The Purdue Reference Model is for data flow for control systems.

What is the difference between IEC 62443 and Purdue model? ›

- Purdue Model: While it establishes a high-level architecture, it doesn't prescribe detailed security measures, leaving the implementation specifics open-ended. - IEC 62443: The standard offers comprehensive guidance on security controls, risk assessment, and strategies for securing Conduits between zones.

What is the advantage of Purdue model? ›

One advantage of the Purdue model is its hierarchy. System components are clearly defined and components are grouped into distinct layers. Borders between the layers are logical places for network segmentation to control access between the layers.

What is level 5 in the Purdue Model? ›

Level 4/5: Enterprise Zone

These zones house the typical IT network, where the primary business functions occur, including the orchestration of manufacturing operations. Enterprise resource planning (ERP) systems here drive plant production schedules, material use, shipping, and inventory levels.

What is Level 3 in Purdue Model? ›

Level 3: Manufacturing Operations Systems Zone

This zone contains customized OT devices that manage production workflows on the shop floor: Manufacturing operations management (MOM) systems manage production operations. Manufacturing execution systems (MES) collect real-time data to help optimize production.

What is an example of a DMZ zone? ›

Other examples of demilitarized zones are a 14 km (8.7 mi) wide area between Iraq and Kuwait; Antarctica (preserved for scientific exploration and study); and outer space (space more than 100 km or 62 mi from the Earth's surface).

Who invented the Purdue model? ›

Developed in 1992 by Theodore J. Williams and the Purdue University Consortium, the Purdue diagram — itself a part of the Purdue Enterprise Reference Architecture (PERA) — was one of the first models used to map data flows in computer-integrated manufacturing (CIM).

How many levels are there in the Purdue model? ›

The Purdue model divides this ICS architecture into three zones and six levels.

In which levels of the Purdue model can the physical process be analyzed and altered? ›

Level 1 — Intelligent devices — Sensing and manipulating the physical processes.

What is the Purdue model for Scada? ›

The Purdue Model for SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition) OT (Operational Technology) Security is a reference model that provides a structured approach to securing industrial control systems (ICS) in critical infrastructure and manufacturing environments.

What is the difference between ISO and OSI reference model? ›

This is quickly explained: ISO is short for International Organization for Standardization, while OSI stands for Open Systems Interconnection, i.e. an “open” system for communication connections and networking.

Why is OSI a reference model? ›

The purpose of the OSI reference model is to guide technology vendors and developers so the digital communications products and software programs they create can interoperate and to promote a clear framework that describes the functions of a networking or telecommunications system that's in use.

What are Purdue beliefs? ›

Our statement of values is based on six pillars: integrity, respect, honor, inclusion, innovation and growth.

What is the Purdue Model of pharma? ›

The Purdue model provides a high-level and generic view of the functional hierarchy and the communication architecture of the industrial system, while the ISA-88 & ISA-95 standards provide more detailed and specific views of the models, data, and transactions of the batch processes and the manufacturing operations.

What does Purdue believe in? ›

We are committed to inclusion, we believe that diversity inspires creativity and that every Boilermaker should have access to recreation and wellness.

What is the mission of Purdue Teaching? ›

We advance inclusive and sustainable learning communities through high impact scholarship, inspirational teaching, vision-driven service, and collaborative community engagement.

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Author: Van Hayes

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Author information

Name: Van Hayes

Birthday: 1994-06-07

Address: 2004 Kling Rapid, New Destiny, MT 64658-2367

Phone: +512425013758

Job: National Farming Director

Hobby: Reading, Polo, Genealogy, amateur radio, Scouting, Stand-up comedy, Cryptography

Introduction: My name is Van Hayes, I am a thankful, friendly, smiling, calm, powerful, fine, enthusiastic person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.